Selbst in großen Konzernen wird die lokale Preisgestaltung oft eigenständig von den Landesgesellschaften gesteuert. Selten gibt es ein strategisches, globales Preismanagement aus der Zentrale. Doch das traditionelle Governance-Modell gerät unter Druck: Einkaufsprozesse werden digitaler und Ländergrenzen verlieren zunehmend an Bedeutung. Für Einkäufer ist es leichter als je zuvor, das gleiche Produkt beim gleichen Unternehmen zum niedrigeren Preis in einem Nachbarland zu beschaffen. Der so entstehende Preisdruck kann zu ungewollten Konkurrenzkämpfen zwischen Landesgesellschaften führen – und zu einer gravierenden Erosion der Marge.
In dieser Situation fand sich ein weltweit führender Gerätehersteller wieder, als er Homburg & Partner kontaktierte. Das Unternehmen kämpfte mit einem starken Margenverfall, dessen Auslöser ein steigender Preisdruck in zahlreichen Ländermärkten war. Durch den Preisdruck begannen Ländergesellschaften unseres Klienten, über nationale Grenzen hinweg mit niedrigeren Preisen und höheren Rabatten um Kunden zu konkurrieren. Die Folge: Eine Preis-Abwärtsspirale und der stetige Verfall der relativen Marge.
Ziel unseres Klienten war es, diesen Abwärtstrend umzukehren und das eigene Preis- und Konditionensystem global auf die veränderten Marktbedingungen auszurichten. Zentrale Herausforderung war dabei der folgende Brückenschlag: Einerseits sollte ein Preissystem entstehen, das ein einheitliches, faires Spielfeld für internationale Händler schafft und Preislücken schließt, die zum Nachteil des Klienten ausgenutzt werden können. Andererseits sollten länderspezifische Preisniveaus gewahrt werden, sodass für lokal agierende Servicepartner und Endkonsumenten durch die Anpassung keine Preisnachteile entstehen. Wie kann dieser Spagat gelingen?
„Der Schlüssel zum Erfolg eines neuen Preis- und Konditionenkonzepts liegt darin, Markt und Kunden genau zu verstehen. An welchen Stellen müssen Preise und Konditionen lokal festgelegt werden, um den dortigen Marktanforderungen gerecht zu werden? Wo müssen sie international oder global verwaltet und gesteuert werden? Zum Beantworten dieser Fragen ist es essenziell, einerseits die Erfahrungswerte lokaler und globaler Vertriebs- und Pricingteams zu berücksichtigen und andererseits durch eigene, tiefgreifende Analysen einen objektiven Eindruck zu gewinnen.“
„Unsystematische Nachlässe für Großhändler und lokale Scheuklappen führten zu ungewolltem internem Wettbewerb. Dadurch sind die Margen unseres Klienten immer weiter erodiert. Uns ist es gelungen, für Großhändler ein faires und transparentes Wettbewerbsspielfeld zu schaffen und dabei die Verbraucher in den Mittelpunkt zu stellen. Nicht mehr die Händler mit der aggressivsten Verhandlungstaktik, sondern die mit der stärksten Konsumentenorientierung werden nun belohnt. Das war ein echter Paradigmenwechsel!“
Hauptziel des Projekts war die Entwicklung eines neuen Preis- und Konditionensystems für den Klienten. Die bisher überwiegend kostenbasierte Preisberechnungslogik wurde durch eine wert- und marktbasierte Preisberechnungslogik ersetzt. Diesebasiert auf einer Einschätzung der Wertigkeit von Produkten für den Endkonsumenten – ein Arbeitsprozess, der teilautomatisiert durchgeführt wird. Die berechneten, wertbasierten Preise werden im Folgeschritt mit online erhobenen Marktpreispunkten kalibriert und so für jedes einzelne Produkt auf die spezifische Wettbewerbssituation zugeschnitten.
Das bisherige Konditionssystem unseres Klienten war vorwiegend historisch gewachsen. Es wurde im Zuge des gemeinsamen Projekts durch eine leistungsorientiere Kundensegmentierungslogik ersetzt. Großhändler werden nun anhand objektiver Leistungskriterien eingestuft und erhalten darauf basierend einen Rabatt. Die neuen Kriterien basieren darauf, inwiefern durch die Geschäftsbeziehung ein gemeinsamer Mehrwert geschaffen wird – für unseren Klienten als auch für den Einkäufer. Dies fördert Profitabilität und Loyalität gleichermaßen.
Die neue Preis- und Konditionslogik wurde als duale Strategie umgesetzt: Um ein transparentes und faires Wettbewerbsumfeld für alle Händler in einer Region zu schaffen, etablierten wir pro Region einen einheitlichen länderübergreifenden Listenpreis sowie ein einheitliches Konditionensystem. Für lokale (nicht-länderübergreifende) Reparaturservices und Endkunden wurden die Preise hingegen an den lokalen Kaufkraftniveaus ausgerichtet und lokale Rabattsysteme für Servicepartner ins Leben gerufen.
Begleitend zum neuen Preis- und Konditionensystem integrierten wir eine Pricing-Software in die bestehende Systemlandschaft unseres Klienten, um das zukünftige Preis- und Konditionenmanagement effizient zu gestalten. Auch eine Anpassung der Preisorganisation an die veränderten Anforderungen fand statt – durch die Schaffung neuer Kapazitäten für strategisches und operatives Preismanagement. So wurde ein dediziertes Pricing-Team aufgebaut, um die neue Preis- und Konditionslogik mit vollem Fokus umzusetzen.
Somit resultierte das gemeinsame Projekt in der Harmonisierung des internationalen Handelsgeschäfts unseres Klienten: Ungewünschter Wettbewerb zwischen einzelnen Tochtergesellschaften konnte komplett unterbunden werden. Gleichzeitig wurde eine kontrollierte Preis- und Konditionendifferenzierung im lokalen Geschäft erreicht – angepasst an dortige Kaufkraftniveaus. Durch Automatisierung, systemische Unterstützung mittels Software und ein dediziertes Team von Pricing-Experten wird sichergestellt, dass das neue, vielschichtige System auch im Geschäftsalltag erfolgreich gemanagt wird.
Der neue Listenpreisansatz unseres Klienten berücksichtigt sowohl den Nutzen und die Wertigkeit von Produkten aus Einkäufersicht als auch deren Wettbewerbssituation. Dabei achteten wir auch auf die Preiskonsistenz zwischen ähnlichen Produkten. Ebenso wurde bei Ersatzteilpreisen die Relation zum Neugerätepreis berücksichtigt, um die wahrgenommene Preisfairness seitens der Endkunden zu erhöhen und negative Auswirkungen auf die Kundenzufriedenheit zu vermeiden.
Mit der Einführung eines einheitlichen regionalen Listenpreises für das internationale Handelsgeschäft schufen wir eine einheitliche Preisbasis für Händler. Gleichzeitig wurden bei unverbindlichen Preisempfehlungen, welche die Preisbasis für lokale Geschäfte darstellen, lokale Preisniveaus berücksichtigt – jedoch innerhalb gewisser Grenzen, um starke Preisunterschiede zwischen Ländern zu reduzieren.
Das neue Rabattsystem unseres Klienten stellt den Mehrwert, den ein Kunde ihm bringt, in den Mittelpunkt. Strategisch relevante Kunden genießen nun deutlich vorteilhaftere Rabatte als Kunden, die in der Vergangenheit von guten Margen profitierten, aber wenig in ein breites Portfolio, schnelle Distribution oder Kundenservice investierten.
Auch bei den Konditionen war die Harmonisierung für Handelskunden der entscheidende Erfolgsfaktor: Zwei vergleichbare Großhändler bekommen nun identische Konditionen – ganz gleich, in welchem Land sie innerhalb einer Region einkaufen. Gleichzeitig wurden innerhalb von Ländern Spielräume offen gelassen, um die Konditionsgestaltung für lokale Reparaturdienstleister der jeweiligen Marktsituation anpassen zu können.
Die Einführung der wert- und marktbasierten Preislogik, des regionalen Händlerlistenpreises und der leistungsbasierten Kundensegmentierung führte zweifellos zu einer höheren Komplexität im Preismanagement. Um sie beherrschbar zu machen, wurde eine spezialisierte Pricing-Software ausgewählt und implementiert. So konnten die Preisberechnung und die Verwaltungsprozesse der Kundenkonditionen größtenteils automatisiert werden.
Die Pricing-Software basiert auf moderner Cloud-Technologie und ist nahtlos in die Systemlandschaft des Headquarters und der jeweiligen Landesgesellschaften integriert. So wird die Konsistenz und Effizienz in der Preisbildung sichergestellt – der Großteil der Bepreisung neuer Ersatzteile erfolgt bereits vollständig innerhalb der Software. Auch die Preiskalkulations-Schemata im ERP unseres Klienten wurden im Rahmen des Projekts neu gestaltet. Dabei wurden historisch gewachsene, zwischen Ländern differenzierende Ansätze entfernt und durch eine global einheitliche, transparente Logik ersetzt.
Um Preise und Konditionen länderübergreifend zu harmonisieren, haben wir die Entscheidungskompetenzen für das globale Preismanagement gestärkt. Gleichzeitig besteht lokaler Entscheidungsspielraum weiter nach klaren Regeln weiter, damit wichtiges lokales Marktwissen in das Pricing einfließen kann.
Daher fand im Rahmen des Projekts eine Umstellung der Preisorganisation samt Neuzuweisung der Pricing-Verantwortlichkeiten statt. In deren Zuge wurden drei Ebenen mit jeweils klar definierten Pricing-Verantwortlichkeiten eingeführt: globale Ebene, regionale Ebene und lokale Ebene. Um lokales Preismanagement effektiv und effizient zu gestalten, wurde darüber hinaus ein Pooling-Konzept für Preismanagement-Experten erstellt. So kann in Zukunft beispielsweise das operative Pricing für kleinere Länder weitestgehend von Teammitgliedern aus größeren Nachbarländern übernommen werden – sie kennen den angrenzenden Markt in der Regel besser als Pricing-Manager im Hauptquartier.
Durch das systematische Vorgehen und die konsequente Einbindung aller relevanten Stakeholder konnten die geplanten Änderungen im Preis- und Konditionensystem unseres Klienten zeiteffizient und fokussiert umgesetzt werden. Über 200.000 Ersatzteile wurden im Zuge des Projekts neu bepreist, zudem neue Konditionen für über 35.000 Kunden festgelegt. Der Roll-Out der neuen Preis- und Konditionenlogik erfolgte innerhalb von 18 Monaten nach Projektende in 10 Ländern erfolgreich und vollständig.
So tiefgreifend die Veränderungen durch das Projekt waren, so enorm war der resultierende Erfolg: Schon in den ersten 10 Monaten nach Go-Live des Projekts verzeichnete unser Klient eine Steigerung seiner absoluten Marge um 23%. Gleichzeitig wuchs das Geschäftsvolumen mit seinen Top 5-Zielkunden um 25%. Mit dem Rollout der neuen Preis- und Konditionenlogik in weitere Länder wird sich dieser Erfolgskurs nachhaltig fortsetzen. Das sah auch die Jury des Best of Consulting-Awards, welcher jährlich von der WirtschaftsWoche verliehen wird – und zeichnete das hier beschriebene Projekt 2021 mit dem 1. Platz in der Kategorie „Marketing“ aus.
Wenn Sie mehr über unsere Leistungen im Bereich Pricing und Konditionssysteme erfahren oder konkrete Ansatzpunkte für das After-Sales-Geschäft Ihres Unternehmens besprechen möchten, können Sie über das Kontaktformular in wenigen Sekunden eine Anfrage hinterlassen. Unsere Partner Daniel Antolin und Daniel Lindner melden sich daraufhin persönlich bei Ihnen. Alternativ können Sie auch gerne direkt eine E-Mail senden oder anrufen!